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«JESSICA ÜBER...» DIE ZWISCHENSAISON

Was macht eine Snowboarderin eigentlich den lieben langen Tag, wenn der Winter vorbei ist, die Temperaturen steigen und der Schnee schmilzt? Viele mögen nun wohl denken, dass wir uns den Sommer über erholen, um dann beim ersten Schneefall wieder zurück in die Berge zu fahren. Grundsätzlich gilt natürlich auch in meiner Sportart das Credo: nach der Saison ist vor der Saison.

Nach meinem letzten Rennen, dem Parallelslalom im italienischen Racines und dem Gewinn der Europacup-Gesamtwertung war ich natürlich überglücklich. Dass ich diesen Erfolg so kurze Zeit nach meiner Knieverletzung nach Hause fahren konnte, kam doch eher unerwartet. Zuvor waren sich die Ärzte nicht einig, ob ich nun starten soll. Die Anzeichen waren zu diesem Zeitpunkt uneindeutig, inwiefern im Falle eines weiteren Sturzes auch der Meniskus und Bänder weiteren Schaden nehmen würde.

Fast noch wertvoller als der sportliche Triumph war deshalb einige Tage später die abschliessende Diagnose der Ärzte. Diese kamen nämlich zum Schluss, dass mein Knie nicht operiert werden muss. Ein zehntnerschwerer Stein ist mir vom Herzen gefallen. Hätte ich unters Messer müssen, hätte ich sehr viel Zeit zum Auskurieren und für den Wiederaufbau benötigt. Mit dem Befund der Mediziner endete auch eine Zeit des Wartens, der Ungewissheit. Und diese ist für jede Athletin eine Tortur.

Verlängerte Schlafenszeit

Nach diesem Wechselbad der Gefühle hiess es für mich erst einmal abschalten, herunterfahren. Während einer Woche habe ich buchstäblich durchgeschlafen - mindestens zehn Stunden pro Tag. Während der Saison komme ich in der Regel auf sechs bis acht. Ich brauche diese Phase der absoluten Ruhe nach einem harten, intensiven Winter. Da geniesse ich mein Flexside-Gel-Bett richtiggehend.

Ein erholsamer Schlaf ist wichtig. Doch Schlafen ist auch nicht alles. In der Zwischensaison - also in den vier Wochen von April bis Mai - komme ich eigentlich zu alldem, wofür ich im Verlauf der Saison leider schlicht keine Zeit finde. Dazu gehören etwa Sponsorentermine. Ich versuche, mir stets Zeit für meine Unterstützer zu nehmen. Regelmässige persönliche Treffen sind für mich eine Selbstverständlichkeit. Ich will meinem Umfeld von den erlebten Emotionen und aus meiner Sportwelt erzählen.

Coiffeur, Weisheitszähne weg, Ferien und Armee

In dieser Zeit komme ich endlich auch wieder dazu, frühere Schulkameradinnen zu treffen, shoppen und mal wieder in meiner Heimatregion fein essen zu gehen. Auch für den Coiffeurbesuch bleibt im Winter selten Zeit. Dafür zelebriere ich diesen nach der Saison. Der Friseur meines Vertrauens, Coiffeur Hossmann Hairdesign in Stans, macht seine Sache hervorragend. Regelmässig gehe ich dort vorbei, bevor ich einen grösseren Anlass oder Auftritt habe. Sie machen mir immer eine schöne Frisur.

Einen super Job macht auch mein Zahnarzt, der Dental Club in Steinhausen. Eigentlich bin ich skeptisch gegenüber Zahnärzte und deren Praxen. Aber die Praxis in Zug empfängt mich mit einem bunten Wartezimmer und wenn man auf dem Behandlungsstuhl liegt, erkennt man ein grosses Sternenbild an der Decke. Es wird einem also keineswegs langweilig auf dem Untersuchungsstuhl. Auch die einzelnen Schritte probieren die Dentalmediziner zu erklären und nachvollziebar zu machen.

Vor einigen Tagen musste ich mir zwei Weisheitszähne ziehen lassen. Ziemlich unangenehm. Ich bin froh, dass ich das nun ausserhalb der Saison hinter mich bringen konnte. Im Rennbetrieb wäre ich schnell einmal für drei oder vier Tage ausser Gefecht gesetzt gewesen.

Apropos Auszeit. Allmählich wäre ich definitiv reif für Ferien. Ich will unbedingt einmal nach Afrika. Dorthin, wo die Menschen mit wenig glücklich sind, wo materielle Dinge nicht von der Rede sind, wo man sich so schätzt, wie man ist. Das fasziniert mich.

Doch Afrika muss erst einmal warten. Vorerst stehen die Ostern an. Diese verbringe ich daheim. Versüsst hat mir diese Feiertage vor allem Aeschbach Chocolatier. In dessen Produktion in Root konnte ich selber Osterhasen verzieren und taufen. Als grosse Schokoladen-Liebhaberin hat mir dieser Event natürlich grossen Spass gemacht!

Spiel und Spass

Doch allmählich gilt es wieder ernst. Die Armee ruft. Und so krame ich eine Woche darauf meine Militärsachen zusammen. Für die nächsten 13 Wochen geht es ins nationale Sportzentrum nach Magglingen bei Biel. Es ist dies eine erste Rückkehr zu einem klar struktiertem Alltag. Und darauf freue ich mich.

Allerdings haben sich die ersten 3 Wochen in der Armee etwas speziell präsentiert: Wir hatten nicht jeden Tag zwei Trainingseinheiten, sondern genossen zusätzlich Inputs aus Kommunikations- und Medienschulungen, Ernährung und Regeneration und haben noch einen Rumpftest absolviert. Fairerweise muss ich hier allerdings anmerken, dass auch in Magglingen für mich primär noch «Zwischensaison» auf dem Trainingsprogramm steht. Das bedeutete oft noch ein bisschen «Spiel und Spass» rund um eine Einheit.

Ab dem 6. Mai geht es wieder richtig los. Diese Vorbereitung werde ich ohne meinen bisherigen Konditionstrainer angehen. Vier Tage bevor ich nach Magglingen eingerückt bin, hat dieser sein Mandat gekündigt, da ihn eine Nationalmannschaft als Konditionstrainer engagiert hat. Unter diesen Umständen ist dieser Abgang natürlich verständlich und legitim. Ich bin ihm dankbar für die vielen athletischen Inputs und schätze es sehr, dass er mir seinen Entscheid erst nach der Wettkampfsaison mitgeteilt hat. Das bedeutete für mich aber erstmals die Suche nach einem neuen Trainer, der bereit ist, mit mir den sportlichen Weg zu gehen.

Vorfreude auf den Winter

In der Zwischensaison hatte ich ein paar Medienauftritte auf der Agenda stehen: ein Talk mit Tele 1 auf dem Bürgenstock, ein Gastauftritt in der Sendung Talk mit..., und ein Referat vor 44 Journalisten an einer Generalversammlung der Sportjournalisten.

Ich war ziemlich nervös und habe geredet wie ein Buch. Es war äusserst praktisch, auf diese Weise die Tipps anzuwenden, die ich kürzlich in einem Medientraining in Magglingen erhalten habe. Dabei haben wir in der Gruppe geübt, wie man sich in Interviews oder ganz generell im Umgang mit Journalisten verhält, wie man kritische Fragen antizipiert und schlagfertig darauf antwortet.

Nun freue ich mich auf die Vorbereitungen auf den kommenden Winter, auch wenn diese erstmals vorwiegend im Kraftraum statt auf dem Schnee stattfinden. Und wenn ich so aus dem Fenster schaue, dass präsentiert sich das Mai-Wetter doch bereits äusserst winterlich.

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